Tauernpass, Nasenbluten, Vorfreude mit Gletscherblick

Samstag, 13.08.2011

Endlich werden die Schnarcher und Asthmatiker ruhiger, bald werde ich einschlafen können… Welcher Idiot stellt seinen Wecker auf diese Uhrzeit und macht ihn nicht gleich aus! Oha, das Geräusch könnte von meinem Handy kommen. Das ist doch aus? Ich taste mich vorsichtig aber unverzüglich ans Fußende, balanciere in den Mittelgang, nehme meinen Rucksack in die Arme, und verschwinde damit auf den Flur. Dort packe ich mein halbes Gepäck aus, bis ich das nervig lärmende Teil in der Hand halte. Vor genau einer Woche musste ich einmal um vier Uhr aufstehen, und offensichtlich führt ein Handy einen Alarm auch aus, wenn es ausgeschaltet ist. Und das passiert natürlich genau in der ersten Nacht in einem voll belegten Matratzenlager. Erde tu dich auf und verschling mich! Aber erst will ich noch  drei Stunden schlafen. Diskret schleiche ich an meinen Platz zurück.

Als sich beim Frühstück meine Tischnachbarn über den nächtlichen Handy-Alarm äußern, halte ich den Mund. Beim Loslaufen macht sich das verletzte Knie sehr deutlich bemerkbar. Der Schmerz hält sich bis zur ersten Bergabpassage. Unglaublich: Nach zwei Schritten bergab im Laufschritt ist der Schmerz verflogen – und bleibt weg!

Der Weg zum Tauernpass ist leicht zu laufen und hat optisch etwas von einer Mondlandschaft.
Am Pass erzählt eine Metalltafel von vielen Juden, die über diesen Weg aus dem Nazireich geflüchtet sind.
Auf dem Weg hinunter überholen mich immer wieder Mountainbiker. Eine Dreiergruppe treffe ich bald wieder. Die hatten alle an der gleichen Stelle einen Platten, und können sich das nicht erklären. Vermutlich hatten sie etwas Luft aus den Reifen gelassen, was ja eine gebräuchliche Methode ist, um bergauf im Schotter weniger durchzudrehen. Wenn man dann aber vor der Abfahrt nicht aufpumpt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis man mit Schwung auf eine Kante fährt, die scharf genug ist, um dem Schlauch mit Hilfe der Felge zwei längliche Luftlöcher zu verpassen, einen sogenannten Schlangenbiss.

In einer der Almen, die ich auf dem Talweg antreffe, mache ich eine ausführliche Mittagspause, bevor ich zur Lenkjöchlhütte aufbreche. Zur Clarahütte werde ich es heute sowieso nicht mehr schaffen. Einen 3000 Meter hohen Pass laufe ich ungern unter Zeitdruck hinauf.

Recht bald bemerke ich, dass ich Nasenbluten habe. Das bekomme ich immer, wenn ich mich länger in über 2000 Meter Höhe aufgehalten habe. Der Aufstieg ist wunderschön. Ich habe eine herrliche Variante erwischt. Da ich Zeit habe, nehme ich ein schönes Fußbad in einem breiten Wiesenbach.

Das Rennen kann ich aber nicht lassen, und überhole die eine oder andere Gruppe, bis ich um 15 Uhr auf der Hütte bin. Die ist so voll, dass erst mal nicht sicher ist, ob ich hier übernachten kann. Ich erkläre, dass ich weiter zur Clarahütte möchte, was 5 bis 7 Stunden dauern dürfte. Daher möchte ich bald Bescheid wissen, ob ich weiterlaufen soll. Ich bekomme einen Platz.

Mopeds vor der Lenkjöchlhütte

Sind das die neuen Mulis?

Am Abend erklärt mir der Senior-Wirt, dass die Wettervorhersage für den übernächsten Tag sehr schlecht ist. Demnach wäre es eine gute Idee, morgen möglichst weit zu kommen. Ich beschließe, darauf zu hören, und am nächsten Tag mit den Gletscherwanderern um 6 Uhr loszulaufen, damit ich zumindest eine Chance habe, an einem Tag die Gewaltetappe bis St. Jakob zu schaffen.



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